Harte Urteile gegen Aktvist*innen wegen „Stuttgarter Krawallnacht“ – Zeuge ist u.a. ein Tesla-Auto

Wir erinnern uns an Stuttgart Sommer 21. Juni 2020, die sogenannte „Krawallnacht“, über die die bürgerliche Presse in ihrer doppelmoralisch Art von „Gewaltexplosion“ schwadronierte und sich Politiker*innen und sogenannte Expert*innen das Maul zerissen. Rassistische Hetzer wie AfD-Politiker*innen, Hendryk M. Broder oder Boris Palmer führten in ihrer menschenverachtenden Manier die Ausschreitungen auf die Herkunft der Beteiligten zurück. Auch die Stuttgarter Polizei, wie leider gewohnt rassistisch, versucht eine Stammbaumforschung der „Täter*innen“ zu betreiben, was glücklicherweise dann doch auch zu Irritierung führte (Artikel auf Deutschlandfunk). Der Kern des Problems ist aber recht einfach und nachvollziehbar: Da Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch während des Corona-Sommers das Treffen draußen verboten wurde, die meisten über keine privaten Orte zum Treffen verfügt und viele von ihnen auch regelmäßig von rassistischer Diskriminierung durch die Polizei und von Polizeigewalt betroffen waren, war der Punkt erreicht wo das Fass überlief. Wir erklären uns natürlich solidarisch mit den Betroffenen, haben enormes Verständnis und Respekt dafür, sich auch mal gegen die Polizei zu wehren und verurteilen die bürgerliche Hetze. Leider folgt diesem kurzen Moment des Empowerment, wo auch mal die Polizei eins drauf kriegte und Geschäfte geplündert wurden, enorme Repression.

Bereits im Mai 2021 wurden 64 Urteile gesprochen, 141 Tatverdächtige kamen vor Gericht und 84 Haftbefehle wurden erteilt. Einige der Verurteilten sitzen jetzt immer noch im Gefängnis, auch wenn viele der ersten harten Urteile, oft 2-3 Jahre Gefängnis ohne Bewährung, oft in zweiter Instanz wieder abgemildert wurden (siehe Artikel der Südwestpresse).Während der Großteil der Betroffenen der Repression nicht spezifisch politisch aktiv war, sondern eher als „erlebnisorientierte Jugendliche“ oft mit Betroffenheit durch polizeiliche Diskriminierung waren, wurden jetzt auch Aktivist*innen verurteilt.
Dazu die Rote Hilfe: „Wegen angeblicher Beteiligung an der „Stuttgarter Krawallnacht“ im 21. Juni 2020 verhängte das Amtsgericht Stuttgart zwei hohe Urteile gegen linke Aktivisten: Nachdem der erste Angeklagte am 24. Oktober 2022 zu drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden war, belief sich das Urteil gegen den zweiten Betroffenen am 26. Oktober 2022 auf drei Jahre und zwei Monaten Haft. Grundlage waren ein mehr als fragwürdiges anthropologisches Gutachten, das auf qualitativ extrem minderwertigen, teils offenbar illegalen Videoaufnahmen beruhte – und der unbedingte Verfolgungswille der Stuttgarter Justiz. Gegen beide Urteile werden Rechtsmittel eingelegt.“ weiterlesen auf Rote-Hilfe.de

hier versucht ein junger Mann mit einem mutigen Kick einen von der Polizei festgehaltenen zu befreien

Perspektive Online berichte: „Bei der sogenannten Stuttgarter Krawallnacht kam es in der Nacht zum 21. Juni 2020 zu Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt. Unter anderem protestierten mehrere hundert Jugendliche gegen das zu diesem Zeitpunkt etablierte Verhalten der Polizei in der Stuttgarter Innenstadt. Die Wut über rassistische Kontrollen und polizeiliche Schikane entlud sich offen in zum Teil wilden Tumulten.

Klare Beweise für die Anwesenheit oder tatsächlich begangene Straftaten der Aktivisten gibt es nicht. In einem der beiden Fälle wurde sich vom Gericht bewusst gegen die Anwendung des Jugendstrafrechts entschieden. Die Richterin begründete in einem Fall unverblümt politisch: Die „ideologische Verblendung“ des Jugendlichen sei ausschlaggebend für die Strenge des Urteils gewesen. Dem Aktivisten wurde weiterhin vorgeworfen, zu anderen Anlässen in Auseinandersetzung sowohl mit einen Faschisten der Identitären Bewegung als auch einem Polizisten getreten zu sein.

Einschüchterung und Abschreckung nach offenen Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt

Bei der sogenannten Stuttgarter Krawallnacht kam es in der Nacht zum 21. Juni 2020 zu Ausschreitungen in der Stuttgarter Innenstadt. Unter anderem protestierten mehrere hundert Jugendliche gegen das zu diesem Zeitpunkt etablierte Verhalten der Polizei in der Stuttgarter Innenstadt. Die Wut über rassistische Kontrollen und polizeiliche Schikane entlud sich offen in zum Teil wilden Tumulten.

Anschließend ermittelte die Stuttgarter Polizei mit der größten Ermittlungsgruppe (Artikel auf Stuttgarter-Nachrichten.de), die jemals in Stuttgart die Arbeit aufgenommen hat: Insgesamt waren 111 Polizist:innen damit beauftragt, die Beteiligten der Ausschreitungen zu fassen.

Bereits unmittelbar nach der Krawallnacht hatte Landesinnenminister Tobias Strobl von der CDU die Justiz indirekt aufgefordert, harte Strafen mit dem Ziel der Abschreckung zu verhängen. Strobl (auf Facebook) richtete sich weiterhin in den Sozialen Medien direkt an die Beteiligten und kündigte mit eigens dafür hergestellten Plakatmotiven martialisch an: “Wir kriegen euch”.

Anlässlich der Verurteilung (Artikel auf Welt.de) eines Jugendlichen im Zusammenhang mit der Krawallnacht zu einer Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren Haft hatte Strobl darüber hinaus verlauten lassen: „Der Rechtsstaat zeigt Zähne. Das möchte sich der Mob hinter die Ohren schreiben, dass Randale und Gewalt bei uns kein Spaß sind.“

Linke Aktivist:innen von Anfang an im Visier

Innenminister Strobl machte explizit außerdem „gewalttätige Linksextremisten“ (Artikel auf Stuttgarter-Nachrichen.de) für die Ausschreitungen verantwortlich. Bereits bei den polizeilichen Ermittlungen (siehe RAS Artikel)  hatte deshalb das Hauptaugenmerk darauf gelegen, nachweisen zu wollen, dass linke Aktivist:innen bei den Protesten zugegen waren. Mit gezielten Funkzellenabfragungen und dem Überprüfen von Kameraüberwachungen an S-Bahnhöfen, die in der Nähe der Wohnorte bekannter linker Aktivist:innen liegen, sollte herausgefunden werden, ob und wie linke Kräfte in die Krawallnacht involviert gewesen waren.“ weiterlesen auf Perspektive-Online.de

Tesla-Auto macht Videoaufnahmen

Besonders markant ist, dass die permanent laufenden Kameras von Tesla-Wägen (Model S und Model X verfügen über 8 Kameras die von der Stoßstange aus filmen, siehe Datenschutz-Notizen) jetzt eine Rolle in der Repression spielten. Die Junge Welt berichtet: „Im Mittelpunkt der letzten Verfahren standen nach Angaben der linken Solidaritätsorganisation Rote Hilfe Stuttgart, die den Prozess beobachtet hatte, ein anthropologisches Gutachten sowie Tausende Aufnahmen, auf denen schemenhafte Gestalten zu erkennen sind. Dazu zählen auch Aufzeichnungen eines geparkten Tesla-Wagens im »Wächtermodus«, was nach Ansicht der Verteidiger gegen Datenschutzbestimmungen verstößt. Die Aufnahmen wurden mit Videomaterial abgeglichen, das den Behörden schon von »polizeibekannten« Linken vorlag. Da Gesichtszüge oder andere körperliche Merkmale nicht klar zu erkennen waren, konzentrierte sich das Gutachten auf Körperhaltung, Bewegungsabläufe und Kleidungsstücke. Obwohl nur acht der mehr als 200 nutzbaren Merkmale einbezogen werden konnten, kam der Gutachter zum Ergebnis »Identität hoch wahrscheinlich« – dies ist die dritthöchste Wahrscheinlichkeitskategorie.“ (Artikel in der Jungen Welt)

Also Achtung bei Tesla-Autos in der Nähe!
Und: Ein guter Grund wütend auf diese Autos zu sein, wo immer sie auch stehen.
Wir fordern die Freilassung aller Gefangen in diesem Zusammenhang und ein Ende polizeilichen und staatlichen Rassismus und Diskriminierung!
Solidarität mit den Betroffenen von staatlicher Gewalt!